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Der Inselvogt von Memmert

Enno Janßen lebt allein auf einer Vogelschutzinsel

Wer hat schon nicht einmal vom Leben auf einer einsamen Insel geträumt? Für Enno Janßen aus Ostfriesland ist das jeden Sommer sein Alltag. Er ist der Inselvogt von Memmert – und zwischen Anfang März und Ende Oktober der einzige Mensch auf der kleinen Vogelschutzinsel mitten im Wattenmeer.

Enno Janßen in seinem BootSobald der Winter vorbei ist, geht es los - meistens Anfang März. Dann schnürt sich der groß gewachsene Mann mit dem Pferdeschwanz seinen Rucksack und setzt von der Nordseeinsel Juist aus über. Enno Janßen hat ein kleines Boot, 4,50 Meter lang. Es ist seine einzige Verbindung zur Zivilisation. Angestellt ist der 49jährige Naturfreund beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Im Auftrag des Landes Niedersachsen ist Enno Janßen zuständig für den Natur- und Vogelschutz auf Memmert.

Allein unter VögelnVon Mai bis Ende Juli herrscht dort Brutzeit. Dann besteht ein absolutes Betretungsverbot für jedermann. Nur mit schriftlicher Genehmigung oder bei Seenot können dann Fremde in diese Welt der Möwen eindringen. Enno Janßen ist in dieser Zeit völlig auf sich allein gestellt. Aber er hat genug zu tun. Denn knapp 60 Vogelarten beherbergt die Insel – und insgesamt 100000 Tiere ziehen sich hier jedes Jahr zum Brüten zurück. Der Vogelwart zählt die Vögel, beobachtet sie und protokolliert jede Veränderung. Ein Job, der viel Zeit und Aufmerksamkeit erfordert.

Des Inselvogtes HausUnterschlupf findet der „Robinson vom Amt in einem kleinen Häuschen mit Reetdach, errichtet auf dem höchsten Punkt der Insel. Denn bei Sturm ist oft die größte Fläche von Memmert überschwemmt. In diesem Haus hat Enno Janßen eine kleine Wohnung, Strom bekommt er über eine Solaranlage, im Wohnzimmer steht ein Holztisch und ein kleines, rotes Samtsofa. Über sein Handy ist der Naturschützer mit der Außenwelt verbunden, oft telefoniert er mit seiner Ehefrau und seinem Sohn am Festland. Manchmal kommen sie ihn auch im Sommer besuchen.

Enno JanßenEinmal im Jahr, meistens im April, fährt ein Versorgungsschiff nach Memmert. Dann bekommt Enno Janßen alles, was er zum Leben braucht: Gasflaschen, Unmengen an Mineralwasser, haltbare Lebensmittel und wichtige Geräte für seine Arbeit. Das ist auch das einzige Mal, wenn ein Lastwagen auf der Insel seine Spuren im Sand hinterlässt. Ist das Schiff wieder weg, kommt wochenlang niemand mehr vorbei.

Der Inselvogt und die TouristenMemmert ist etwa 650 Hektar groß. Es gibt keine Bäume, kaum Sträucher, kein sattes Grün. Nur feinen weißen Sand, unzählige Vögel, ein paar Karnickel und das Haus des Vogelwarts. Erst wenn die Brutzeit vorbei ist, kommen auch wieder ein paar wenige Menschen auf die Insel. Dann macht Enno Janßen Gästeführungen und erklärt den Interessierten die Faszination dieser einmaligen Naturlandschaft. Und wenn dann im Herbst die ersten Stürme den feinen Sand aufwirbeln und die Insel unter Wasser setzen, dann beginnt Enno Janßen damit, die Vogelschutzinsel und sein kleines Wohnhaus winterfest zu machen. Ende Oktober wird es dann auch Zeit für ihn, wieder unter Menschen zu kommen. Dann fährt er nach Hause zu seiner Familie – mit seinem kleinen Motorboot und gepacktem Rucksack.

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