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„So ein Tag!“ – aus Gifhorn

Zufallsbekanntschaften in Norddeutschland

Bei unserer Umfrage an diesem Morgen in der Fußgängerzone von Gifhorn stellt sich schnell heraus, dass es ein besonderer Tag für die Stadt ist. Denn um halb zwölf werden etwa 130 Oldtimer erwartet, die auf ihren 2 000 Kilometern durch Deutschland hier eine Zwischenstation einlegen. Viele der Befragten wollen sich das Spektakel anschauen, aber von uns begleiten lassen will sich zunächst niemand. Doch dann treffen wir Erika Knauth. Sie kommt strammen Schrittes auf uns zu – und sie hat ein Ziel: Sie möchte zum Friseur. Sie erklärt sich spontan bereit, dass wir sie und ihr Leben heute dokumentieren dürfen. Nur ihr Mann muss noch zustimmen – und der parkt gerade das Auto. Bei dieser Gelegenheit erzählt uns Erika Knauth doch mal schnell, wie sie ihren Siegmar vor mehr als 40 Jahren kennen gelernt hat. Er war Tankwart – und sie ist immer mit dem Bus vorbeigefahren, um ihn zu sehen. Irgendwann hat er sie angesprochen – und sie war die glücklichste Frau von der Welt. Seit 38 Jahren sind die beiden jetzt verheiratet.

Ehepaar KnauthUnd dann kommt er auch schon, sieht unsere Kamera und stimmt ebenfalls schnell zu. Er habe noch mal schnell Lotto gespielt, erzählt er uns. Und jetzt möchte er sich die Oldtimer anschauen. Doch wir begleiten zunächst Erika zum Friseur. Der Laden ist voll – sie muss warten. Dabei erzählt sie uns, dass sie keine Kinder haben und dass ihre Ehe darunter in den ersten Jahren sehr gelitten habe. Jetzt aber seien sie mit dem Thema durch.

Erika kommt an die Reihe – und wir schauen hinüber zu Siegmar und seinen Oldtimern. Wenn er einmal im Lotto gewinnen würde, dann hätte er gerne einen Mercedes-Oldtimer mit Flügeltüren und einen Bauernhof mit vielen Tieren, erzählt er uns. Staunend steht er an der Strecke und schwelgt in Erinnerungen. Manche dieser Autos hat er als junger Mann noch selbst betankt…

Wir gehen wieder zu Erika, die jetzt eingeschaumt mit dem Kopf im Waschbecken hängt. Wenn sie Millionärin wäre, dann würde sie sich gerne einen Hausmann halten, sagt sie verschmitzt. Der könne dann immer für sie putzen, kochen und aufräumen.

Die meisten Oldtimer sind durch – die neue Frisur ist fertig – jetzt geht es nach Hause – mit dem nagelneuen VW EOS Cabriolet, den Siegmar Knauth als ehemaliger Werksangehöriger für ein halbes Jahr geleast hat. Erika Knauth war früher im Finanzamt tätig – und aus dieser Zeit kennt sie auch Heidi, ihre beste Freundin. Zu Hause angekommen, klingelt gleich das Telefon. Heidi glaubt die Geschichte mit dem NDR nicht – und wenige Minuten später steht sie persönlich vor der Tür. Heidi sucht einen Mann – einen netten, so einen wie Siegmar. Zwei Männer hatte sie bereits, einer ist gestorben, von dem anderen ist sie geschieden. Vor laufender Kamera startet sie einen Aufruf – sie weiß genau, wie er sein soll. Und Erika bremst sie: „Du bist viel zu wählerisch!“

Beim Mittagessen erzählen Erika und Siegmar von der schweren Zeit, als klar wurde, dass sie keine Kinder haben könnten. Sie habe eine künstliche Befruchtung gewollt, er nicht. Auch einer Adoption konnte er nichts abgewinnen. „Damals haben mir alle geraten, ihn ziehen zu lassen“, sagt sie in seiner Gegenwart. Heute ist sie froh, dass sie zusammengeblieben sind – nach zehn Jahren Krise hatten sie es geschafft. Jetzt leben sie glücklich und zufrieden – haben zwei Hunde (Ben und Charly) und Siegmar hat ein Pferd.

Das Pferd DominicWir fahren mit ihm zur Weide. Und er präsentiert uns stolz seinen Schimmel Dominic. Erst spät hat er angefangen zu reiten. Aber jetzt ist es sein größtes Hobby. Seit 19 Jahren hat er das Tier – die beiden sind unzertrennlich. Und im Stall erzählt er uns tief gerührt, dass es damit zu tun hat, dass sie keine Kinder haben.

Am Abend ist das Ehepaar Knauth bei Renato eingeladen, einem Italiener, der vor langer Zeit als Eisverkäufer nach Deutschland gekommen ist und heute 60 Jahre alt wird. Uns nehmen die beiden mit – sozusagen als Geburtstags-Überraschung.

Renato wurde 60Und die ist ihnen gelungen: Renato ist zunächst ziemlich sprachlos – freut sich dann über das unerwartete Geschenk. Bei einem Ständchen für den Jubilar verabschieden wir uns von der Festgesellschaft. Hinter uns liegt ein ganz besonderer Tag, nicht wegen der Oldtimer – sondern weil wir zwei Menschen getroffen haben, die uns für einen Tag nicht nur in ihren Alltag, sondern auch in ihre Herzen haben schauen lassen.

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