„So ein Tag!“ – aus Northeim
Zufallsbekanntschaften in Norddeutschland
In einem Gewerbegebiet in Northeim treffen wir Silke Carstens, die gerade dabei ist, ihren fast einjährigen Sohn Artur in den Kindersitz ihres Autos zu hieven. Sie ist zunächst etwas skeptisch, ist dann aber einverstanden, sich den ganzen Tag spontan mit der Kamera begleiten zu lassen. „Es gibt auch einiges zu sehen bei uns“, sagt sie. Denn an diesem Tag will sie zusammen mit Freunden im Garten eine Schwitzhütte bauen!
Und es kommt noch besser. Im Auto erzählt die 34jährige, dass sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem Baby in einer Kirche wohnt. Neun Kilometer westlich, in der kleinen Stadt Moringen. Am nächsten Wochenende veranstalten sie dort einen „Tag der offenen Pforte“. Und bis dahin ist noch einiges zu tun. Wir begleiten Silke beim Einkaufen. Moderator Sven Tietzer packt bei den schweren Getränkekisten auch gerne mit an.
Vor drei Jahren sind Silke und Burkhard nach Moringen gezogen, in die Martini-Kirche aus dem 11. und 12. Jahrhundert. Für die beiden war das historische Gebäude ein Traum. Trotzdem hat es ein wenig gedauert, bis sie sich endgültig für dieses ganz spezielle Zuhause entschieden hatten. Bei der Ankunft in Moringen treffen wir Lutz, den Onkel von Burkhard. Er hilft bei den Vorbereitungen, ist im Stress und möchte auch nicht so gerne vor die Kamera. Ähnlich geht es Burkhard. Er ist total überrascht von dem Fernsehteam auf seinem Grundstück – ist dann aber einverstanden.
Silke zeigt uns das Gebäude. Dort, wo früher gebetet und gesungen wurde, herrscht heute eine Mischung aus Kunst und Chaos. Durch die Voarbeiten der „Offenen Pforte“ ist einiges in Unordnung geraten. (Der große Innenraum der Kirche kann übrigens auch für private Feste und Veranstaltungen gebucht werden.)
Im Obergeschoß der Kirche wohnt die kleine Familie. Ganz früher wurde hier mal eine Decke eingezogen. Hier ist auch Artur geboren – eine Hausgeburt mit zwei Hebammen. „Der Kleine war ein Wunschkind“, sagt Silke. Das gemeinsame Leben hat sich durch das Kind total verändert. Aber auch, weil die beiden geheiratet haben. „Es ist plötzlich alles anders“, sagt Burkhard. „Und richtig schön.“
Draußen sind zwei Freunde aus Berlin eingetroffen. Sie bauen im Garten die Schwitzhütte auf. Ein Geflecht aus Weidenstäben und Haselnussruten wird mit dicken Decken verhüllt. Es gibt einen Eingang im Norden, und einen Ausgang im Süden. Bis zu zehn Leute haben darin Platz. Genau 33 Steine werden in einem Lagerfeuer außerhalb erhitzt und dann in die Hütte getragen. Das gemeinsame Schwitzen ist ein Ritual, eine Zeremonie zur Reinigung von Körper und Seele. Die Ursprünge liegen bei den keltischen Vorfahren, die vermutlich sogar hier in Moringen Schwitzhütten gebaut haben.
Zum gemeinsamen Schwitzen am Abend kommen auch Silkes Vater und Burkhards Mutter vorbei. Sie beteiligen sich an den Vorbereitungen, hacken Holz und schnippeln Gemüse für die Suppe. Beide haben kein Problem mit der Lebensweise ihrer Kinder – ihr Verhältnis ist sehr offen und entspannt. Bevor es dann aber ganz privat wird und alle zum Schwitzen in die Hütte gehen, verabschieden wir uns höflich und diskret. Es war ein sehr spannender Tag mit sehr interessanten Menschen in einer unglaublich malerischen Umgebung.
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